Samstag, 16. Mai 2015

Licht und Liebe

a  Nicht bloss spielt aus des Sonnenstrahles Reine
b  Die ganze Farbenwelt; die glüh'nde Helle
b  Wird auch auf Erden hoher Farben Quelle,
a  Die sie hervorruft, gleich als Widerscheine.

a  Da brennen Blumen, regt durch goldne Haine
b  Sich des Gefieders tausendfärb'ge Welle,
b  Das Raubthier schleicht in buntgestreiftem Felle;
a  Und in der Tiefe funkeln edle Steine.

c  So reift der Liebe Glut und heiss Erröthen,
d  Wie Sonnenkraft die irdischen Naturen,
e  Zum Farbenglanz der Phantasie Gebilde.

e  Ihr ebnen sich smaragdner die Gefilde,
d  Ihr wölbt der Himmel voller die Azuren,
c  Wo schöner zuckend auch die Blitze tötden.

August Wilhelm Schlegel, Frühromantik

August Wilhelm Schlegel ist zusammen mit seinem Bruder Friedrich einer der wichtigsten Vorreiter der Frühromantik. Er übersetzte Shakespeare zusammen mit Ludwig Tieck, diese Übersetzung ist bis heute gültig. Seine literarischen Werke sind aus heutiger Sicht eher unbedeutend. Seine Lyrik zeichnet sich durch Formstrenge aus; er bevorzugte die romanische Strophenform (Sonette).

Ein buntes Sonett

Licht und Liebe ist ein Sonett mit zwei Quartetten (Strophe 1,2)  und zwei Terzetten (Strophe 3,4). Zwischen den zwei Vierzeilern und zwei Dreizeilern entsteht so ein gewollter Bruch. Das Sonett besteht aus umarmenden Reimen. Das Metrum ist regelmässig; 5-hebige Jamben (typisch für diese Gedichtform) und immer weibliche Kadenzen. Auffallend ist auch die spezielle Sprache und die vielen Symbole und Farben die der Autor in diesem Stück verwendet; sie lassen das ganze Sonett wie eine leuchtende Malerei erscheinen.

von Marie (Dragon Fly)
Das Gedicht stammt von der Website...

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